Weihnachten 1999 hat sich in unserem Leben etwas verändert. Nachdem wir bemerkten, dass es unseren beiden Kindern, 9 und 6 Jahre alt, überwiegend um die Geschenke ging, haben wir ihnen erklärt, dass es eine Menge Kinder gibt die keine solch tollen Geschenke bekommen. Nicht nur das, viele haben nichts zu essen, haben es im Winter kalt und wissen auch nicht was „morgen“ kommt.
Nach einer kleinen Diskussion darüber war das dann weiter kein Thema.
Vor Weihnachten 2000 ist unsere Tochter dann im Gefolge unseres Sohnes zu uns gekommen und hat uns offenbart, dass sie heuer ihre Geschenke den armen Kindern geben wollen.
Das war der Moment an dem wir uns Gedanken machten, wo wir arme Kinder her bekommen.

Ich wollte nicht an die bekannten Organisationen spenden weil ich zu wenig Vertrauen in diese hatte.
Wie viele von euch wissen, dass Wünsche in Erfüllung gehen wenn man diese in den Raum gestellt hat, haben wir eine Frau getroffen die mit einem Arzt aus Ägypten verheiratet war. Der Arzt betreute neben seiner Tätigkeit in einem Krankenhaus in Luxor, unentgeltlich auch ein Waisenhaus rund 20 Km außerhalb von Luxor. Dort hatte er immer wieder Kinder zu behandeln die aufgrund von schlechten Lebensbedingungen unter diversen Krankheiten litten. Sie zeigte uns Fotos auf denen ihr Mann bei der Arbeit im Waisenhaus zu sehen war. Da war keine Spur von einer Ordination oder einem Behandlungsraum, sondern es war an einem Tisch der im Freien stand, wo er den Kindern zum Beispiel mit einer Holzspachtel in den Rachen geschaut hat. Sie hat auch erwähnt, dass kaum Medikamente oder Dinge zur Behandlung, wie Holzspachteln, Spritzen oder Verbandsmaterial, zur Verfügung stehen.

2001 ist der Arzt (Dr. Zakaria Abdoo) zu Besuch in Kärnten gewesen, wo wir Gelegenheit hatten, den sympathischen Ägypter namens Zakaria kennen zu lernen und mit ihm in gebrochenem Englisch und auch mit Hilfe der Übersetzung seiner damaligen Frau Ruth, über die Zustände in Ägypten und im Waisenhaus zu sprechen.

Das Waisenhaus wird von einem christlichen Pater Namens „Mounier“ betreut der sich permanent um die 15 bis 20 Kinder kümmert. Es liegt in Armant el Wabourat bei Luxor. Christliche Einrichtungen werden dort allerdings nicht gerne gesehen, deswegen hat es auch immer wieder Repressalien von Seiten der Regierung gegeben. Es war oft nicht einmal möglich Baumaterial für die Reparatur der kleinen angebauten christlichen Kirche zu bekommen.

Ebenso wurde es nicht gerne gesehen, wenn christlichen Kindern geholfen wurde, wobei das bei muslimischen Kindern kein Problem war. Die Philosophie des Paters war und ist es, den Kindern eine gute Ausbildung zukommen zu lassen, damit sich diese später im Leben besser behaupten können und aufgrund ihrer Ausbildung auch gebraucht werden. Die ausgebildeten Kinder bilden dann ihrerseits die nächste Generation aus und so weiter. Damit soll eine friedliche Gemeinschaft die in der Lage ist sich selbst zu helfen, gefördert werden.

Im Frühjahr 2001 haben wir überlegt wie wir unsere Hilfe am besten platzieren können ohne das zwischengeschaltete Organisationen etwas verdienen und die Hilfe nicht dort ankommt wo diese gebraucht wird. Nach dem Beschluss das Waisenhaus gemeinsam mit unserer Tochter zu besuchen, hatten wir begonnen Dinge des täglichen Lebens zu sammeln. Spielzeug, Kleidung, Schulsachen, Farbstifte, Kugelschreiber, medizinische Geräte, Medikamente, Spritzen, Nadeln, Verbandszeug usw. Wir haben acht große Koffer zusammen bekommen, die gerammelt voll mit nützlichen Dingen waren. Es war unglaublich.

Wir haben jedoch festgestellt, dass es nicht einfach möglich ist, die Koffer in unser Auto zu laden und zum Flughafen zu fahren. Eine Autoverleihfirma aus Fürnitz hat sich bereit erklärt uns einen Kleinbus und Lauda Air das notwendige Freigepäck zur Verfügung zu stellen. So konnten wir drei schließlich nach Luxor reisen. Dort angekommen wurden wir vom Zoll kontrolliert. 4 Koffer mussten geöffnet werden, jedoch der Koffer mit den Medikamenten wurde nicht geöffnet. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass das ein riesen Glück war, weil wir andernfalls wegen Drogenschmuggels festgenommen worden wären.

Zakaria hat uns mit seinem Fiat 128 vom Flughafen abgeholt. Wir haben 9 Koffer in und auf das Auto gepackt und uns noch hineingequetscht. So sind wir einige Kilometer zu unserem Hotel gefahren. Die Koffer hat Zakaria in seiner Wohnung untergebracht.
Am nächsten Tag wollten wir in das Waisenhaus fahren, wovon uns Zakaria aber abgeraten hat weil wir als Europäer nicht durch die Straßensperren gelassen würden. Durch die Anschläge auf den Hatschepsut Tempel 1997 war die Lage noch angespannt.
Wir besorgten uns Kleidung wie diese auch von einheimischen getragen wurde. Ich war als einfacher Bauer mit einer Galabia, meine Frau und meine Tochter mit Kopftüchern bekleidet. So konnten wir die Straßensperren ohne Probleme passieren.

Im Waisenhaus wurden wir von einer Schar Kinder und dem Pater Mounier herzlich begrüßt und willkommen geheißen. Die rührenden Szenen, als wir aus einem Koffer Spielzeug (Matchbox Autos) an die Kinder verteilten, werde ich nie vergessen. Ein Kind fuhr mit dem Auto am Tisch zum nächsten und gab das Auto weiter, es gab keinen Neid so wie ich das aus unseren Kreisen gewohnt bin. Die Kinder beschäftigten sich mit den wenigen einfachen Dingen, waren sehr glücklich und gaben uns teilweise selbst gemachte Zeichnungen. Der Pater verwahrte die restlichen Koffer um die Kinder nicht zu überfordern.

Am einem der nächsten Tage wurden wir von den Kindern des Waisenhauses zu einem Mittagsmal eingeladen. Sie hatten uns gebratene Tauben zubereitet, weil man diese dort auch fangen kann, wenn man geschickt ist. Aufgrund der für unsere Begriffe katastrophalen sanitären Verhältnisse „durfte“ ich meine Frau und Tochter beim Essen unterstützen, worauf ich den folgenden Tag mit Darmproblemen im Hotel verbrachte.

Wir äußerten den Wunsch ein Treuhandkonto bei der „Bank of Luxor“ einzurichten damit das Geld dort abgehoben werden kann. Der Zugriff durfte nur erfolgen, wenn Zakaria und der Pater Mounier gemeinsam die Abhebung durchführen. Damit soll möglichem Missbrauch vorgebeugt werden. Das Konto wurde daraufhin mit Hilfe des lokalen Bankmanagers eingerichtet.

Wir haben es geschafft für jedes Kind im Waisenhaus eine Patenfamilie zu organisieren die jedes Monat einen Betrag zwischen €10.- und €20.- auf ein lokales Konto einzahlt. Dieses Geld wird zweimal im Jahr spesenfrei von der BKS auf das ägyptische Konto überwiesen.

Weihnachten kommen immer die Briefe von den Kindern mit Zeichnungen und Fotos wo berichtet wird wie es ihnen geht und was es Neues gibt. Pater Mounier schreibt uns dann auch, welche Kinder nun das Waisenhaus verlassen können und einen Beruf lernen. Sobald diese selbständig leben können, wird die Unterstützung in Absprache mit den Pateneltern für ein anderes Kind verwendet.

Alle zwei Jahre versucht der Pater mit Unterstützung der Kirche die verschiedenen Organisationen zu besuchen und neue Unterstützung zu bekommen. In diesem Rahmen gibt es immer ein Treffen mit den Pateneltern und Berichte aus erster Hand.

In der Zwischenzeit ist der Pater in die Jahre gekommen und ein junger Mann „Gaafar William Magharious“ der Leiter der Organisation, unterstützt ihn bei seiner Arbeit. Er und seine Frau betreiben auch noch einen Kindergarten in der Nähe des Waisenhauses.

Gaafar William Bakhoum, selbst aus sehr armen Verhältnissen ist Geschäftsführer der Organisation "Key of Life Association", und berichtet 2014 auf unserer Veranstaltung im Gasthof Zollner in Gödersdorf von seiner Arbeit in Luxor, Ägypten.

2014 übernimmt der Kiwanis-Clubs Villach-Santicum die Aufsicht über die finanzielle Gebarung des Projektes. Auf der Webseite des Clubs wird es regelmäßige Informationen über die Situation im Waisenhaus und damit auch den Pateneltern die Sicherheit geben, dass Ihre Spenden wirklich die Kinder direkt erreichen.

Der Pater Mounir Khuzam ist 2015 verstorben. Seitdem wird das Waisenhaus von der Key of Live Organisation weiter betrieben.

Links Gaafar William Bakhoum, Rechts Father Mounir Khuzam

Das Waisenhaus, ca. 25 Kilometer außerhalb von Luxor, wurde von einem Jesuiten Pater (Father Mounir Khuzam) 1993 gegründet und geleitet. Er wurde am 28.02.2014 für seine Arbeit von der Koptischen Evangelischen Organisation für soziale Services (CEOSS) im Rahmen einer großen Zeremonie mit dem Preis „Samuel Habib Award for excellence in voluntary social work“ ausgezeichnet. Dieser Preis wird einer Person oder Institution verliehen, die eine maßgebliche positive Auswirkung auf das Leben der Personen in ihrem Umkreis erreichen konnten. Link zum Artikel

Die CEOSS ist eine der größten ägyptischen Entwicklungsorganisationen welche die ägyptische evangelische Kirche fördert. Ihr Gründer ist Samuel Habib. Mehr Information hier.

Father Mounir Khuzam ist leider Mitte 2015 verstorben. Seitdem werden die Kinder von Gaafar William Bakhoum betreut.

 

 

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